Kleine Systeme für eine große Zukunft
14.06.2017
Die LED-Lampe im Wohnzimmer einschalten, auf dem Smartphone die neusten Nachrichten lesen, über Photovoltaikanlagen die Energie der Sonne nutzen, mit dem Auto den Weg zum Ziel finden – ohne Mikroelektronik und generell ohne elektronikbasierte Systeme wäre all das nicht möglich. „Was funktioniert denn überhaupt noch ohne Mikroelektronik und Nanoelektronik? Elektronische Systeme sind heute unverzichtbar“, erläutert DI Johann Massoner, Director Innovation Management & Funding bei Infineon. Tatsächlich sind diese Technologien und deren konkrete Anwendungen nicht nur für unseren Alltag längst selbstverständlich, sondern werden für die österreichische Wirtschaft – und damit für das ganze Land – zunehmend zu einem Schlüsselbereich mit großem Wachstumspotenzial: Sie bieten die Chance, international wettbewerbsfähig zu bleiben und sogar einen Vorsprung gegenüber anderen Ländern zu schaffen, was gerade in einem Land mit hohen sozialen Ansprüchen und entsprechender Lohnstruktur von Bedeutung ist.
Notwendig für Digitalisierung
Visionen sind das eine, die Umsetzung in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Realität das andere. DI Peter Caldera, Head of System Verification for Communication Products bei Intel in Villach, beschreibt die Realität hinter den „großen Schlagwörtern“ wie Mobilität und Industrie 4.0 wie folgt: „Wenn man das herunterbricht, sind wir mit einigen wichtigen Herausforderungen konfrontiert, unter anderem mit der exponenziellen Zunahme des Datenvolumens, der fortschreitenden Vernetzung unserer Geräte und dem Trend, ständig online zu sein.“ Oder wie es Intel-CEO Brian Krzanich vor kurzem ausgedrückt hat: Daten sind das neue Öl – dementsprechend ergeben sich auch neue Geschäftsfelder und somit gleichzeitig Geschäftschancen. Hubert Zangl sieht allerdings auch Gefahren hinter dem Trend: „Ein Risiko liegt darin, dass Hausaufgaben nicht sorgfältig gemacht werden und schlechte Produkte den Markt erreichen.“ Das könnte das Vertrauen in den technischen Fortschritt bremsen und letztlich die Innovationsleidenschaft negativ beeinflussen. Daher müsste man Methoden und Werkzeuge entwickeln, um das zu vermeiden – wobei die Ausbildung in Zukunft eine entscheidende Rolle spiele, damit auch die praktische Anwendung dieser Tools ermöglicht werden könne.
Forschungsintensives Feld
Auch auf Unternehmensseite sind Forschungskooperationen wichtig, wie Hannes Voraberger sagt: „Sie sind das Um und Auf für AT&S in Hinblick auf Theorie und auch Praxis, wenn es an das Industrialisieren geht, also die Serienproduktion von neuen Entwicklungen.“ Langjährige Kooperationen haben diese Zusammenarbeit gefestigt und es würden immer wieder neue Projekte entstehen, teils auch im internationalen Kontext. Peter Caldera sieht aber auch ein Spannungsfeld, das man berücksichtigen muss: „Bei der Forschung stellt sich die Frage, wo man sich in die Quere kommen könnte.“ Wichtig sei aber jedenfalls eine Verdichtung entlang der Wertschöpfungskette.
Stärken ausbauen
Fokus auf die Stärken und Vernetzung sollen es also möglich machen, dass Österreich vom Trend Mikroelektronik und EBS möglichst stark profitiert – es kommt aber noch ein anderer Faktor ins Spiel: Wo genau stehen die Unternehmen? „Auf Seite der Komponenten sind wir in Österreich dank Unternehmen wie Epcos, NXP, AMS, Intel, AT&S und Infineon sehr gut“, betont Candera. Aber Österreich müsste in der Wertschöpfungskette noch weiter hinaufkommen, also Systemintegratoren und darauf aufbauende Services anbieten. Hannes Voraberger beschreibt die nahe Zukunft: „Die totale Konnektivität aller Dinge mit entsprechend hohen Datenvolumen und -geschwindigkeiten wird der bestimmende Trend in der Elektronikindustrie.“ Wer in diesem Umfeld – egal ob als OEM oder als Teil der Elektronikwertschöpfungskette – eine führende Rolle einnehmen möchte, müsse die Entwicklungen antizipieren. „Das bedeutet enorme Entwicklungs- und Wachstumschancen im Hinblick auf Technologie und Positionierung, aber auch den entsprechenden Finanzkennzahlen.“ Man müsse alles daran setzen, dieses Zukunftsthema in Europa weiterhin an wesentlicher Stelle zu besetzen – „sonst wird der Digitalisierungszug ohne uns abfahren“, warnt Voraberger.
Die Auswirkungen werden wieder alle betreffen, wie Hubert Zangl beschreibt: „Es werden eine engere Verbindung zwischen den Unternehmen und den Kunden ermöglicht und darauf aufbauend auch neue Geschäftsmodelle.“ Unternehmen können dann viel gezielter auf geänderte Anforderungen reagieren und ihre Produkte und Dienstleistungen anpassen. Unter dem Stichwort Industrie 4.0 kommt es ja gerade zu einer Revolution der Prozesse und damit der gesamten Wirtschaft – und dabei sind Kosten und Geschwindigkeit die wichtigsten Faktoren. „Es geht um konkurrenzfähige Preise und die Möglichkeit, mit neuen Produkten und Dienstleistungen rechtzeitig auf den Markt zu kommen“, sagt Massoner.
Das Ziel: Auch in Zukunft soll das Qualitätsmerkmal „Made in Austria“ in möglichst vielen Anwendungsbereichen der Mikroelektronik zu finden sein.
(Dieser Beitrag wird mit freundlicher Genehmigung der CTR Carinthian Tech Research veröffentlicht.)
14.06.2017